Selbst wenn unglücklich – immer ein bisschen weniger unglücklich, wenn in Paris.
Es gibt keinen Ort auf der Welt, an dem ich mich mehr fühle. Für mich ist es die Stadt der Liebe zur mir selbst. Am liebsten verbringe ich die Zeit dort en solitude, oder mit Menschen, die den Mund halten und ihren eigenen Gedanken nachgehen können.
Der TGV aus Frankfurt kommt an der Gare de l’Est an. Von dort mit der Metro entweder nach Sèvres oder Saint Germain. Es ist August, viele Familien sind in den Süden gefahren, die Stadt ist etwas leerer als sonst. Abends in der Rue Saint-Séverin, mit Blick auf die Église Saint-Séverin immer am selben Ort das gleiche Gericht bestellen. „Vous n'étiez pas déjà là l'année dernière?“ Oui.
Den ersten Tag verbringe ich an der Rive Gauche. Erste Anlaufstelle ist der Buchladen mit der uralten Katze und den noch älteren Erstausgaben. Hier existiere ich für Stunden vor mich hin, manchmal traue ich mich an das braune Klavier. Ich mag das kleine Publikum – das einzige, für das ich gerne spiele. Ein Haufen Träumer, die in ihrer eigenen kleinen Welt unterwegs sind. Genau wie ich.
Anschließend in das Café mit den unfreundlichen Kellnern und den großen Fenstern, die im Sommer weit geöffnet sind und den Blick auf Notre-Dame freigeben. Der schlechte Tee für fast zehn Euro gehört zum Ritual. Ich bleibe länger, als man für eine Tasse Tee bleiben sollte, was die unfreundlichen Kellner noch missmutiger macht, aber wegen der fast zehn Euro bleibe ich entspannt.
In den kommenden Wochen verliere ich jegliches Zeitgefühl. Ich mache jeden Tag das Gleiche, doch es gibt immer etwas Neues. Irgendwann, sagen wir Mitte des Monats, treffe ich im Jardin des Tuileries einen alten Mann, der mir zeigt, wie man sich mit den kleinen Vögeln anfreundet, die rund um den Brunnen mit den grünen Stühlen fliegen. Im Musée d'Orsay hängen ein paar neue Bilder, Leihgaben aus Amsterdam. Der Preis für Chocolat Chaud mit Sahne hat sich im Deux-Palais um einen Euro erhöht. Es sind die kleinen Dinge.
Im September, wenn es in den Gärten von Paris langsam bunt wird, weiß ich, dass es bald Zeit für den Abschied ist.